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St.-Gunthildis-Kirche („Scheunenkirche“) Dettenheim

Öffnungszeiten:

8:00 bis 17:00 Uhr

Allgemeine Beschreibung und Baugeschichte:

Man findet sie im südlichen Ortsbereich, etwas zurückversetzt an der Bundesstraße 2, in unmittelbarer Nachbarschaft des 1782 von den Grafen von Pappenheim erbauten Schlösschens: die St.-Gunthildis- Kirche, besser bekannt unter ihrem eher bodenständigen Namen „Scheunenkirche“.
Als Kirche gibt sie sich dem Betrachter erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Der Grund dafür liegt in ihrem höchst unkonventionellen äußeren Erscheinungsbild, ist sie doch kein freistehendes Bauwerk, sondern baulicher Bestandteil eines zur Schlossanlage gehörenden historischen, nach Art der Jurahäuser errichteten Scheunenbaus mit Legschieferdach und Fachwerkelementen, in den sie als nach Westen hin orientierter einschiffiger Kirchenraum integriert ist. Der eingezogene gerade geschlossene, aus verputztem Mauerwerk bestehende von oben über ein Pultdach belichtete Chor und das nahezu fensterlose Langhaus aus im Inneren unverputztem Bruchsteinmauerwerk verleihen dem Gotteshaus eine unverwechselbare stimmungsvolle Ausstrahlung. Außen deutet ein über dem nördlichen Ende des Scheunendachfirstes sich erhebendes, aus zwei geschmiedeten Wagenachsen geschaffenes Kreuz die sakrale Funktion des Gebäudes an, das im Süden des angebauten Chores auch mit einem Sakristeianbau aufwartet. Auch der im Osten zur Straße hin separat im Hofraum stehende hölzerne Glockenträger lässt den kirchlichen Charakter des dahinter liegenden Bauwerks erahnen. Die Scheunenkirche wurde 1956 im Gefolge der Ansiedlung zahlreicher Heimatvertriebener nach dem Zweiten Weltkrieg, was bereits 1946 mit der Bildung einer eigenen „Katholischen Seelsorgestelle Dettenheim“ einhergegangen war, als erste katholische Kirche Dettenheims nach der Reformation erbaut. Sie entstand in der von der Familie Vorbeck als Eigentümerin des Dettenheimer Schlossanwesens für das Kirchenprojekt zur Verfügung gestellten Scheune nach planerischen Vorstellungen und Vorgaben des seinerzeitigen Flüchtlingsseelsorgers in Dettenheim, des Kuraten Gregor Schneid (1910-1967). Mit einer Schar von freiwilligen katholischen wie evangelischen Helfern machte er sich ans Werk und setzte seine Kirchenpläne in die Tat um. Bis zum Bau der Scheunenkirche hatte den Katholiken von Dettenheim und Umgebung der zur Kapelle umfunktionierte Saal des 1932 in den Besitz der Familie Vorbeck, der seinerzeit noch einzigen katholischen Familie im Dorf, gekommenen Dettenheimer Schlösschens als Gottesdienstraum gedient, wo mit bischöflicher Erlaubnis bereits seit 1940 katholische Gottesdienste hatten stattfinden dürfen.
Der im rechten Winkel zur Firstrichtung aus- und eingerichtete Kirchenraum nimmt samt seiner sich im Süden in den Scheunenbau hinein erstreckenden Empore und dem im Westen über die alten Scheunenmauern sogar hinausreichenden Choranbau nur etwa ein Drittel des Gesamtscheunenbauwerks ein, welches, wie aus den beiden in zwei Torstürzen an der Scheune auszumachenden Jahreszahlen geschlossen werden darf, in seinem südlichen Teil bereits 1814 entstand, während der nördliche Teil, jener, in dem die Kirche sich befindet, erst 1823 als Erweiterung angebaut wurde. Die Benediktion des ungewöhnlichen Gotteshauses erfolgte am 23. Dezember 1956 durch den Eichstätter Dompropst Ludwig Bruggaier. Im Jahr darauf erhielt die Kirche einen eigenen Glockenträger, ein ebenso markantes wie schlichtes Bauteil, das freilich schon 1976 völlig und 1996 noch einmal in seinem unteren Teil erneuert werden musste. Der Kirche selbst ließ man 1988 eine auch die Erneuerung des Daches umfassende Außenrenovierung sowie 2001 eine Innenrenovierung angedeihen.

Innenausstattung:

Der Innenraum der Kirche besticht durch seine schlichte Ausstatung. Das in seiner Wirkung bedeutendste Ausstattungsteil ist der steinerne Volksaltar aus dem Erbauungsjahr der Kirche mit seiner mächtigen Altarplatte aus Juramarmor. Letztere ruht auf einem aus Bruchsteinen aufgemauerten Unterbau auf, der in einer Nische einen Reliquienschrein birgt. Ins Mauerwerk des Unterbaus integriert ist auch ein aus der Ruinenstätte der abgegangenen mittelalterlichen St.-Gunthildis-Kapelle im Schambachtal geborgener Stein, der die Verbindung zwischen alter und neuer St.- Gunthildis-Verehrung vermitteln soll. Über dem Altar schwebt ein frei an zwei Ketten hängendes stilisiertes metallenes Kreuz, hergestellt nach Entwürfen von Kurat Gregor Schneid, nach dessen Ideen die gesamte, bereits im Erbauungsjahr 1956 nahezu vollständig vorhandene moderne künstlerische Ausstattung der Kirche geschaffen beziehungsweise von ihm auch selbst handwerklich realisiert wurde. In der Stirnwand hinter dem Altar ist in einer Mauernische der Tabernakel platziert: eine schwergewichtiges metallenes Kunstwerk mit stilistischen Anklängen an ägyptische Formen, das von zwei Löwen an der Vorderseite und einer tief im Hintergrund auszumachenden symbolträchtig unter das Gewicht des Tabernakels gebeugten Schlange getragen wird. Die Balken eines erhabenen Kreuzes auf den Tabernakeltüren teilen die Front in vier Felder ein, die mit je einem griechischen Buchstabenpaar versehen sind: IΣ XΣ NI KA für IHΣOÛΣ XPIΣTÒΣ NIKÂ (Jesus Christus siegt). An der Stirnwand hinter dem Altar
zeigt ein den Kirchenraum maßgeblich prägender Wandteppich die Patronin der Kirche, die hl. Gunthildis, eine weithin eher unbekannte Heilige. In der Pfarrei Weißenburg wird die St.-Gunthildis-Verehrung besonders gepflegt – wie sonst in keiner anderen Pfarrei sowohl innerhalb als auch außerhalb der Diözese Eichstätt mehr. Allerdings ist im Einzelnen kaum zu unterscheiden, welcher hl. Gunthildis die Verehrung letztendlich genau gilt, der bereits im Eichstätter „Pontifikale Gundekarianum“ genannten und abgebildeten St. Gunthildis, einer von Bischof Gundekar II. (1057/75) hochgeschätzten, ansonsten aber nicht näher bekannten Heiligen aus wohl vornehmem Haus, von der Bischof Gundekar auch Reliquien besaß, die er etwa bei Altarweihen verwendete, oder der zeitlich sicher späteren, historisch als solche nur über ihre Legende greifbaren, als einfache Magd bekannten hl. Gunthildis, die mit der in zwei mittelalterlichen Kapellenbauten nachgewiesenen St.-Gunthildis-Kapelle im Schambachtal bei Suffersheim in Verbindung gebracht wird und die ihr Grab einst in der Kirche von Suffersheim gefunden hatte. Die lokalen Traditionen haben vielfach beide Gestalten zu einer einzigen Heiligen verschmelzen lassen und diese auch dementsprechend dargestellt, wie etwa auch auf dem Wandteppich im Altarraum der
Scheunenkirche, auf dem St. Gunthildis mit dem im Eichstätter „Pontifikale Gundekarianum“
ihrem Bildnis beigegebenen Bittspruch TU PRECE CONDIGNA GVNTHILDIS ADESTO BENIGNA (Du Gunthildis, Du Gütige, stehe uns bei mit gebührender Fürsprache), dem Eichstätter Bistumswappen, Milchkrug und Brot sowie der Suffersheimer Kirche auf dem Arm zu sehen ist.
Bei dem Wandteppich handelt es sich um eine unter den Händen von Kurat Gregor Schneid, Wally Wallenberger, Hildegard und Eva Vorbeck aus Dettenheim entstandene Gemeinschaftsarbeit aus dem Jahr 1956. In der Ecke zwischen linker Stirnwand und südlicher Innenwand des Gemeinderaumes erfüllt die dort eingepasste Ikone mit einer dem bekannten Bild der so genannten Gottesmutter von Wladimir nachempfundenen Darstellung Mariens mit dem Jesuskind gleichsam die Funktion eines Marienseitenaltars; auch sie ein Werk von Gregor Schneid. An der nördlichen Innenwand erhebt sich ein großes Kruzifix mit einem aus alten gebrauchten Balken hergestellten Kreuzesstamm.
Den Korpus des Gekreuzigten dürfte ebenfalls Gregor Schneid im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts geschaffen haben. An der südlichen Rückwand der Empore gilt es einen aus kleinformatigen, auf einem einfachen Holzbrett in einer Reihe angebrachten Kohlezeichnungen bestehenden Kreuzweg von einem namentlich nicht bekannten Künstler aus der Entstehungszeit der Kirche zu entdecken.
Schlicht wie das gesamte Kircheninnere sind auch die auf traditionelle Weise angeordneten
Kirchenbänke gehalten. Drei in die Nordwand eingebrochene unterschiedlich große farbig verglaste Fensterluken und eine in die Ostwand eingetiefte farbig verglaste Fensterluke mit ins Glas eingearbeitetem Wappen des Deutschen Ordens, welchem Gregor Schneid angehörte, tragen ebenso zur unverwechselbaren stimmungsvollen Atmosphäre des Innenraumes bei wie die größere farbig verglaste Fensteröffnung über dem Kirchenportal mit Darstellung der Kreuzigung Jesu, die allesamt Werke von Gregor Schneid aus der Entstehungszeit der Kirche sind. Auf den Kirchentüren regen Symbole des Guten Hirten (außen) und die griechischen Buchstaben A und Ω (innen) den Ein- und Austretenden zum Besinnen an. Im Kirchenpflaster im Mittelgang finden sich in Form von steinernen Intarsien das Wappen des Deutschen Ordens, das Auge Gottes und das Wappen der Familie Vorbeck dargestellt. Einen ungewöhnlichen, ja geradezu versteckten Platz auf einer Art Bühne versetzt über dem Altarraum nimmt das Orgelpositiv mit seinen 5 Registern ein. Es handelt sich dabei um ein möglicherweise von Orgelbauer Franz Joseph Bittner aus Hilpoltstein wohl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gebautes Werk mit späteren Überarbeitungen. Es stammt aus der katholischen Kirche St. Sebastian in Niedermauck im Landkreis Roth und kam 1958 in die Scheunenkirche.

Glocke:

Die im Glockenträger vor der Kirche anzutreffende Glocke ist keine eigens für die Dettenheimer Scheunenkirche besorgte Anfertigung. Vielmehr stammt sie aus Ursensollen, Landkreis Amberg-Sulzbach, wo man bei der 1956 erfolgten Erneuerung des Geläutes der Pfarrkirche St. Vitus für diese im Zweiten Weltkrieg für Kriegszwecke abgelieferte, aber dann doch nicht eingeschmolzene und schließlich wieder nach Ursensollen zurückgekommene gesprungene Glocke offenbar keine Verwendung mehr hatte. Seit 1957 dient sie der Scheunenkirche in Dettenheim als Geläut. Sie wurde 1611 von Thomas Pauer in Amberg gegossen. Dies kann der Umschrift an der Schulter entnommen werden, die lautet:  Auß dem Feuer flosß ich  Thoma Pauer zu Amberg gosß mich  A  1611  Zu Gotteß Lob Ehr und Dienst gehör ich. Unterhalb der Umschrift ist als Schmuck ein Schulterfries auszumachen. Die Glocke mit ihrem Schlagton f’’ besitzt einen Durchmesser von 65,3 Zentimetern und wiegt zirka 175 Kilogramm.